Viele To-Dos auf der Liste?
Und Sie sagen sich „mach’s einfach“?
Und dann geht doch nichts weiter und Sie schieben alles auf die lange Bank?
Sie sind nicht allein. 98 Prozent der Menschen kennen die Situation, eine Tätigkeit aufzuschieben (laut Studien mit Studierenden der Universität Münster). Es ist also ein ganz normales Phänomen.
Allerdings ist Folgendes zu unterscheiden: Zum einen gibt es ein strategisches Aufschieben, was ein vernünftiges Priorisieren bei knappen Ressourcen bedeutet und durchaus positiv ist.
Und zum anderen gibt es die Prokrastination. Werden regelmäßig und über längere Zeit – wider besseren Wissens – unwichtigere Aufgaben vorgezogen, anstatt wichtige To-Dos anzugehen, wird das Aufschieben problematisch.
5 bis 15 Prozent der Menschen erleben laut Studien die „Aufschieberitis“ so stark, dass ihr Alltag oder ihre Zukunft darunter leiden.
Vor allem in Bereichen, in denen eigenverantwortliches Arbeiten im Vordergrund steht, tritt Prokrastination häufig auf. Zumeist dann, wenn es keinen klaren Zeitrahmen gibt. Beispiele finden sich in der akademischen Welt, beim Schreiben von Abschlussarbeiten, aber auch bei langweiligen und frustrierenden Tätigkeiten wie Abrechnung, Steuererklärung, Ausmisten, etc.
Ich schreibe in diesem Artikel über mögliche Ursachen des Prokrastinierens und gebe Ihnen Tipps, um ins Tun zu kommen.
Was sind Ursachen von Prokrastination?
Durchleuchten Sie zu Beginn, mit professioneller Unterstützung oder in Selbstanalyse, die Ursachen des eigenen aufschiebenden Verhaltens:
In der psychologischen Forschung wird Prokrastination meist durch eine Schwäche in der Selbstregulation erklärt: Das heißt, das eigenverantwortliche Organisieren, Planen, Beginnen, Überwachen und Beenden von Tätigkeiten fällt schwer und wird zur Herausforderung.
Auch Perfektionismus oder die Angst vorm Versagen verstärken das Phänomen des Aufschiebens. Haben Sie das Bedürfnis, eine Aufgabe perfekt abzuschließen, hindert Sie dies eventuell über lange Zeit am Beenden der Tätigkeit. Oder Sie müssen sich auf einen neuen Job bewerben, haben aber Angst vor einer Absage und schicken deshalb gar nicht erst eine Bewerbung ab. Im Laufe der Zeit kommt dann ein Gefühl von Scham über das eigene Verhalten und das Herabsetzen des eigenen Selbstwertes dazu: Sie sind nicht gut genug für die Stelle, etc.
Weitere negative Emotionen wie Langeweile oder Frustration können ebenso Prokrastination verursachen: Ihre Steuererklärung muss bis zu einer bestimmten Deadline gemacht werden. Sie erwarten, dass es langweilig und frustrierend wird und sind deshalb nicht motiviert zu starten.
Wenn eine Aufgabe in ihrer Gesamtheit zu groß und unüberwindbar scheint, fangen manche Menschen gar nicht erst damit an. Ebenso wird bei unklaren Zielen oder fehlender Belohnungsaussicht die Umsetzung hinausgezögert, langwierig oder das Projekt wird unvollständig abgebrochen.
Außerdem umgeben uns heutzutage vielfältige Ablenkungen: Aufpoppende Mails am Laptop, dauernde Erreichbarkeit am Handy, laute Umgebung, etc.
Ergänzend dazu steht unser Wunsch nach schneller Belohnung und kurzfristiger Stimmungsaufhellung: Mal schnell die Befriedigung zu spüren, dass die Küche sauber aussieht, wirkt lohnender, als sich an die Arbeit zu setzen. Dass dieses Handeln mittel- und langfristig problematisch wird, spielt in die oben genannten negativen Emotionen und die Schädigung des Selbstwertes ein.
Oder es handelt sich bei Ihnen um ein Aufschieben aus Gewohnheit: Sie fangen zum Beispiel immer erst dann mit der Vorbereitung für ein Projekt an, wenn der Stress groß genug ist, um einen Start-Impuls zu geben. Unabhängig davon, ob bei einem früheren Start eventuell entspannter vorbereitet würde und auch das Resultat besser wäre, scheint hier fast eine Abhängigkeit zwischen Prokrastination und Schaffens-Flow zu bestehen.
Wie können Sie Prokrastination überwinden?
Je nach Auslöser können unterschiedliche Lösungen dabei helfen, die Prokrastination zu überwinden.
In Stichworten gebe ich Ihnen folgende Tipps, die ich im Anschluss ausführlicher erkläre:
- Bewusstmachen, dass es ihr Thema ist
- Eigene Ursachen verstehen
- Realistisches Planen
- Konkrete Arbeitszeiten einhalten
- Zeiteinteilung inklusive Pausen
- Große Aufgaben in kleine Teilziele zerlegen
- Deadlines setzen
- Selbstbelohnung
- Stärken von Ressourcen und positivem Selbstwert
- Fokus auf den Prozess lenken
- Perfektionismus und Versagensangst liebevoll bei Seite legen und improvisieren lernen
Mit dem Bewusstmachen, dass Prokrastination Ihr Thema ist, haben Sie den ersten Schritt schon getan.
Im Anschluss geht es darum, die Ursachen für die eigene Prokrastination zu verstehen.
Solchen, die sich in ihrer Zeiteinteilung und in der Planung verzetteln, kann es helfen, sich neue Tools im Selbstmanagement anzueignen. Auch Gewohnheits-Prokrastinierende, die zwar ihre Deadlines schaffen, aber keine Lust mehr auf stress-induziertes Arbeiten haben, kann ein anderes Selbstmanagement helfen.
Das heißt realistisches Planen, das Einhalten von Arbeitszeiten, Zeiteinteilung inklusiver regelmäßiger Pausen und auch Möglichkeiten zur Selbstbelohnung werden gelernt und in den Alltag eingebaut.
Liegt es eher daran, dass Sie sich ziellos in einer großen Aufgabe verlieren, hilft es, die große Aufgabe in kleinere Teile zu zerlegen. Klar formulierte Ziele und Teilziele mit Deadlines lassen sich im Prozess leichter verwirklichen. Das große Ganze vervollständigt sich so „von alleine“.
Kämpfen Sie beim Beenden von Aufgaben mit Sätzen wie „Das wird nie was.“ oder „Ich bin nicht gut genug.“, dann sind Ansätze aus der kognitiven Verhaltenstherapie beim Minimieren von Prokrastination hilfreich. Hier geht es um das Reduzieren von Selbstwert schädigenden Gedanken und das Stärken von Ressourcen und positivem Selbstwert. Beides trägt dazu bei, dass sich die Einstellung gegenüber dem eigenen Schaffen ändert und eine positive Grundhaltung eingenommen wird.
Wenn bei Ihnen vorwiegend Perfektionismus oder die Angst vorm Versagen Auslöser der „Aufschieberitis“ sind, lenken Sie den Fokus auf den Prozess: Das Tun an sich wird vorübergehend wichtiger als das Ergebnis. Im Schaffen können hierbei neue Wege entdeckt werden, die in einem vorgegebenen Zeitrahmen zu ihrem Ziel führen. Bei einem Improvisationstraining lernen Sie zum Beispiel, wie befreiend es ist, im Moment zu handeln und zu tun, freudvoll zu scheitern und sich selbst nicht so ernst zu nehmen.
Wenn Sie sich in diesem Thema wiederfinden, aber das Gefühl haben, alleine nicht damit zurechtzukommen, reden Sie darüber! Melden Sie sich gerne bei mir, und wir machen uns einen Termin aus, damit Sie Ihren Weg aus der Prokrastination finden.
Quellen:
- Interview mit Margarita Engberding (https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-gesundheit/prokrastination-1070908)
- Margarita Engberding, Anna Höcker, Fred Rist (2017): Prokrastination – Ein Manual für Therapeuten zur Behandlung des pathologischen Aufschiebens
- Margarita Engberding, Anna Höcker, Fred Rist (2016): Heute fange ich wirklich an. Prokrastination und Aufschieben überwinden – ein Ratgeber
- Katrin Klingsieck, Julia Bobe (2020): Effektive Strategien gegen Prokrastination (https://www.forschung-und-lehre.de/karriere/effektive-strategien-gegen-prokrastination-3116)